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Ein Freibad zu bauen ist komplizierter als der Bau eines Krankenhauses

In der Bürgerversammlung wurde deutlich, dass es keine einfachen Lösungen gibt / Detaillierte Kostenkalkulation ergibt ein Investitionsbedarf von 9.4 Mio. Euro

Zur Bürgerversammlung über die Zukunftsplanungen und die Perspektiven im städtischen Schwimmbad kamen über 200 Schwimmbad-Freunde in das Foyer des Carl-Benz-Gymnasiums. Darunter waren viele Saison-Kartenbesitzer, wie der Moderator der Veranstaltung, Alexus Klinger, anfangs mittels einer Abstimmung abfragte. Bei seiner zweiten Frage, wer Mitglied im Förderverein FFL ist, gingen deutlich weniger Karten hoch. Die wohl wichtigste Frage an diesem Abend war: „Wer wünscht sich eine Sanierung des Freibades“. Wieder eine überwältigende Zustimmung.
Eine der großen Fragen des Abends war aber, wie die Renovierung umgesetzt werden soll. Um Klarheit zu schaffen, hatte Bürgermeister Stefan Schmutz den Architekten Matthias Marhöfer vom Freibad-Planungsbüro BZM aus Wiesbaden und Tino Krebs vom Technischen Planungsbüro Aqua Consulting in Marktheidenfeld auf das Podium gebeten. Die beiden Experten konnten nach einem Gemeinderatsbeschluss mit der detaillierten Kostenplanung beginnen. Leider mit einem nicht unerwarteten Ergebnis. Die Gesamtkosten der Renovierung betragen 9.4 Mio. Euro. Bei der Baukostenschätzung standen zuletzt 7.8 Mio. Euro im Raum. Der Bundeszuschuss, den die Stadt Ladenburg erhalten wird, bleibt bei 2.8 Mio. Euro, so dass die Renovierung den städtischen Haushalt mit 6.6 Mio. Euro belasten wird. Dafür müssen Kredite zur Deckung des Gesamthaushaltes aufgenommen werden, denn das Freibad wird nicht als Einzelmaßnahme im städtischen Haushalt abgedeckt. Die wohl wichtigste Frage in der Bürgerversammlung war daher ob sich Ladenburg eine so große Investition leisten kann, schließlich ist die Betreibung eines Freibades keine Pflichtaufgabe. „Ja, das können wir – aber wir können uns nicht alles leisten. Das Prinzip Hoffnung anzuwenden wäre fahrlässig“, gab Schmutz eine klare Antwort, der sich für die Umsetzung des erarbeiteten Kompromissvorschlags aussprach. Auch Schmutz ging anfangs nicht davon aus, dass die Erneuerung des Freibades so kompliziert sein wird. Die Fachabteilung im Rathaus schlug vor, die vorhandenen Becken zu erhalten aber mit einer Edelstahlwanne auszuschlagen. Der Sprungturm und die Wasser-Rutsche, die der Förderverein FFL anschaffte, sollten an gleicher Stelle erhalten bleiben und nur der Kinder-Bereich sollte komplett erneuert werden. Die Technik sollte verbessert werden und der Strombedarf durch die PV-Anlage der benachbarten Dreifeldsporthalle gedeckt werden. Mit dieser Idee bewarb sich Ladenburg am Bundesprogramm „Sportförderung“ und hatte Erfolg. Der Stadt wurden Fördermittel in Höhe von 2.8 Mio. Euro zugesagt.

Die Freibad-Technik ist veraltet

Doch dann wurden Schwimmbad-Experten ins Boot geholt, die eine detaillierte Planung erstellten. Das Erwachen war zunächst groß, denn rund acht Mio. Euro reichten nie und nimmer aus, um die Ursprungsidee in nur einer Winterperiode umzusetzen. Die gesetzlichen Anforderungen an die Schwimmbadtechnik sind inzwischen so hoch, dass die komplette Technik des Freibades erneuert werden muss. Zudem gibt es keine Ersatzteile für die alte Pumpen- und Regelungstechnik mehr. Ein Defekt hätte zur Folge, dass das Freibad schließen müsste. Schmutz räumte in der Bürgerversammlung selbstkritisch ein, dass man eine Erneuerung eines Freibades von Anfang an „den Experten überlassen sollte“.
Die neuen Planungen, die das Architekturbüro BZM erstellte, sind ein finanzierbarer Kompromissverschlag. Zum Kompromiss gehört auch, die Wasserfläche insgesamt zu verkleinern. Statt acht 50m-Bahnen gibt es jetzt nur noch sechs Bahnen und zwei 25m-Bahnen. Der Sprungturm muss erneuert werden und ebenso wie die Wasserrutsche in einem eigenen Wasserbereich betrieben werden. Das Nichtschwimmerbecken muss verkleinert und das Kinderbecken neugestaltet werden.
Wie bei jedem Großprojekt meldeten sich auch beim Ladenburger Schwimmbad-Umbau die Bedenkenträger und Kritiker zu Wort. Viele davon wollten die acht 50m-Bahnen und die Beckengröße des Nichtschwimmerbeckens erhalten. Dies ist finanziell aber nicht machbar. Weil zudem eine Hochwasserschutzmaßnahme zwingend vorgeschriebenen wird, die hohe Kosten verursacht, wurde die Umsetzung der Ursprungsidee immer unrealistischer. Ohne Hochwasserschutz drohte der Wegfall des Bundeszuschussschusses.
„Bäderbau ist mindestens so kompliziert wie der Bau eines Krankenhauses“, meinten die Experten, die den Kompromissvorschlag als machbare, erlässliche Zukunftslösung präsentierten. Über den Vorschlag müssen die Ratsmitglieder nun in der nächsten Ratssitzung am kommenden Mittwoch abstimmen. Eine Mehrheit gilt als wahrscheinlich. Die anwesenden Ratsmitglieder hielten sich in der Bürgerversammlung übrigens mit Wortbeiträgen zurück. Dafür wurden die Experten aus dem Publikum mit den unterschiedlichsten Fragen konfrontiert, die teilweise in die gleiche Richtung gingen. Die Bitte des Moderators, doch sachlich zu bleiben, wurde bei den meisten Statements und Fragen eingehalten.

Die wichtigsten Fragen und Antworten

Was würde die Erneuerung kosten in der Ursprungs-Version, also wenn nur die Becken mit Edelstahl ausgeschlagen würden? Antwort Schmutz: Eine detaillierte Kostenrechnung liegt nicht vor, weil nicht umsetzbar im städtischen Kostenrahmen. Aber diese Planumsetzungen wären um ein „vielfaches teurer“ und für die Stadt nicht finanzierbar.

Ein vermeintlicher Experte rechnete vor, dass der produzierte Strom der PV-Anlage auf dem Dach der Sporthalle nicht für die Betreibung des Freibades ausreichen würde. Antwort Stadtbaumeister Rehmsmeier: Die Berechnungen sind eindeutig. Der PV-Strom wird ausreichend sein, das sagen alle Fachleute.

Ist die Erneuerung der PV-Anlage nach acht Jahren in die Kalkulation eingerechnet, weil sie dann keine Leistung mehr bringen würde, stellte ein anderer „PV-Experte“ in den Raum. Antwort Schmutz: Die aktuellen PV-Anlagen haben eine Lebensdauer von mindestens 20-25 Jahren. Die Annahme des Fragestellers sei falsch.

Wie groß ist die Verkleinerung des Nichtschwimmerbeckens? Antwort Marhöfer: Die Nutzfläche wird nicht wesentlich kleiner sein, weil die abgesperrte Rutschen-Zone durch die Verlegung der Wasserrutsche entfällt und zukünftig genutzt werden kann.

Kann durch den Wegfall des Sprungturms eine Kosteneinsparung erzielt werden, um dann die acht Bahnen zu erhalten? Antwort Schmutz: Alle Generationen sollen sich im Freibad wohlfühlen. Der Sprungturm ist für die Jugend wichtig. „Ein Schwimmbad ohne Sprungturm ist wie Pommes ohne Ketchup“, meinte Schmutz.

Warum kann die Renovierung nicht in einer Winterperiode umgesetzt werden? Antwort Marhöfer: Die Umbauarbeiten sind so umfangreich, dass im August 2026 (nach dem Triathlon) die Badesaison beendet wird. In der Saison 2027 kann kein Badebetrieb stattfinden.

Wird der Baumbestand des Freibades reduziert? Antwort Marhöfer: Es wird kein einziger großer Baum im Freibad gefällt. Der parkähnliche Zustand wird nicht angetastet.

Können sich die Arbeiten wegen eventueller römischer Funde verzögern? Antwort Rehmsmeier: Wir erwarten an dieser Stelle nicht, dass wir ein römisches Theater oder ein Badehaus entdecken. Eine Zeitverzögerung sei „völlig unwahrscheinlich“.

Wie hoch sind die Einsparungen beim laufenden Betrieb durch die Nutzung der PV-Anlage. Antwort Rehmsmeier: Derzeit haben wir einen Zuschussbedarf von rund 300.000 Euro pro Saison. Durch den Wegfall der Stromkosten kann der Zuschussbedarf jährlich um 100.000 Euro pro Saison reduziert werden.

Wäre es nicht besser, das Freibad ganz zu schließen? Antwort Bürgermeister Schmutz: Andere Kommunen gehen diesen Weg. Für mich sowie für den Gemeinderat ist dies keine Option. Das Freibad ist die wichtigste soziale Einrichtung in Ladenburg, die nicht angetastet werden darf.

Sind die Erneuerung der Umkleidekabinen und sanitären Anlagen in den Kosten enthalten? Schmutz: Nein, wir haben den Fokus auf die Erneuerung der Becken gelegt. Unterstützen Sie die Spendenaktion des Fördervereins FFL „1000×100“, mit der die Erneuerung des Sanitärbereichs vielleicht umgesetzt werden kann.

Quelle: https://www.weikmedien.de